So ein Rinderleben
2017 wurden österreichweit insgesamt 621.970 Rinder geschlachtet. Vorwiegend das Fleisch des Fleckviehs kam auf die Teller, immerhin hat dieses einen Rassenanteil von 76 Prozent in Österreich. Oder 1,5 Millionen Tiere in Zahlen. Am Hof Ried am Bichlach in Oberndorf grast jedoch nicht nur Fleckvieh, unter dieses mischte sich vor etwa zehn Jahren auch das erste Wagyu-Rind. „Kohlschwarz und ein paar tausend Euro wert“, erinnert sich Landwirt Werner Hofer an den Kauf von „Sumiku“. Bekanntlich das teuerste Hausrind der Welt stand nun auf seiner Weide.
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„Biologisch-Regional ist die beste Wahl.“
Werner Hofer, BIO-Landwirt
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Aller Anfang
Wie einzelne schwarze Flecken auf dem satten Grün wirken die Bio-Wagyus von Werner Hofer neben dem Fleckvieh. Um einiges kleiner, etwa 450 Kilogramm schwer und eine längere Lebenszeit – Quantität steht hier offensichtlich nicht vor Qualität. Immerhin kostet ein Zuchtkalb mit 80 Kilogramm zirka € 6.000, eine Kuh gibt’s um € 10.000. Werner hat sich an seinem Hof Ried in Oberndorf bei Kitzbühel dennoch vor rund einem Jahrzehnt für das Rind entschieden.
„Durch eine TV- Dokumentation bin ich auf diese Rinderasse gestoßen“, erzählt der Landwirt. „Es wurde berichtet, dass das Wagyu (Kobe) in Japan hauptsächlich in dunklen Ställen gehalten wird und dass diese hauptsächlich mit Getreide gefüttert werden. Das widerspricht aber meinem Verständnis zum Wiederkäuer Rind. Ich wollte es ganz einfach wissen, habe Wagyus gekauft und nach meinen Maßstäben gehalten und gefüttert. Das Ergebnis beurteilen die Profis von Grill-ABC und all die Konsumenten von Hofer Bio-Wagyu.“ Mittlerweile umfasst die Herde der Hofers rund 15 Rinder. Liebevolles Detail am Rande: beinahe alle Tiere tragen einen japanischen Namen.
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Fett als Geschmacksträger
Und da waren sie nun: die Wagyu-Rinder in Oberndorf. „Bei uns hat die aber fast keiner gekannt. Aber ein paar Neugierige waren schon dabei.“ Mit Euphorie pries Werner das Fleisch verschiedensten Gastronomen an – der Grund für Absagen war oftmals der höhere Preis. Heute hält sich Werner an private Konsumenten und Gastro-Feinschmecker, auch die Profis des Grill-ABCs schätzen das Fleisch. „Das Fleisch hat viel Eigengeschmack“, beschreibt der Oberndorfer. „Jede Milchkuh gibt eine Milch mit unterschiedlicher Zusammensetzung der Inhaltsstoffe und somit auch des Geschmackes. So verhält es sich auch mit dem Fleisch.“
Mit ein Grund für den Geschmack ist die außergewöhnliche Fettmaserung, sie zieht sich in feinen Linien durch das Fleisch. Aufgrund der farblichen Unterschiede zwischen Fett und Muskelgewebe entsteht ein sichtbares Muster, woher auch der Name kommt: die sogenannte Marmorierung bestimmt die Zartheit sowie Saftigkeit des Fleisches. Bei Wagyus ist diese besonders ausgeprägt, auf verschiedenen Skalen (z. B. 12-stufige Marbling Grades in Japan) werden diese gemessen.
Doch eine Frage bleibt im Raum: ist Fett nicht ungesund. „Natürlich ist die Marmorierung Fett. Und dieses ist auch ein Geschmacksträger.“ Gesund oder ungesund – schlussendlich macht die Dosis das Gift. Aber: „Fett im Fleisch ist wertvoll. Es transportiert viele fettlösliche Vitamine. Vitamine A, D, E sowie K können nur in Verbindung mit Fetten verwertet werden, die ungesättigten Fettsäuren Omega 3 und Omega 6 unterstützen den Körper bei Immunabwehr und bei der Heilung verschiedener entzündlicher Erkrankungen“, ist sich Werner sicher. Zudem besitzt das Wagyu-Fleisch einen höheren Anteil an Omega-3-Fettsäuren, dieser wird durch das Weidefutter weiter gesteigert. Eines muss man jedoch aufgrund des höheren Fettanteils beachten: das Wagyu-Fleisch hat einen geringeren Schmelzpunkt des hochwertigen Fettes.
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Wagyu ≠ Kobe
Will man sich keinen Fauxpas unter Fleischliebhabern erlauben, könnte diese Information hilfreich sein: ein Wagyu-Rind ist nicht zwangsläufig ein Kobe-Rind. Wagyu heißt übersetzt eigentlich nur japanisches Rind (Wa = Japan-/japanisch und Gyu = Rind). Des Weiteren darf nur das Fleisch der Tiere als Kobe bezeichnet werden, welche in der japanischen Region Kōbe geboren, aufgezogen, gemästet und geschlachtet wurden. Zu vergleichen ist diese Handhabe mit Champagner oder Nürnberger Lebkuchen. Daher ist aber auch klar, dass es Kobe-Rinder in Österreich nicht geben kann. Für reinrassige Wagyus werden aber auch außerhalb Japans Preise im fünfstelligen Euro-Bereich erzielt.
„Rinder sind von Natur aus wichtige Bestandteile des Ökosystems Grünland (Landschaftspfleger).“
Werner Hofer, BIO-Landwirt
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Entscheidend ist die Haltung
Egal ob Wagyu oder Fleckvieh – die Haltung zählt. Insgesamt 403.931 Rinder werden in Bio-Betrieben gehalten, was knapp mehr als einem Fünftel aller Rinder entspricht. „Ich unterteile in biologische, konventionelle und industrielle Tierhaltung“, sagt Werner. „Industrielle Tierhaltung lehne ich ab – diese gibt es auch nicht in Österreich. Große Mästereien gibt es auf Schiffen im Meer, diese haben überhaupt keine Umwelt- und Tierschutzauflagen und handeln auch so. Biologisch-Regional ist daher die beste Wahl.“
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Eine wichtige Bauernweisheit lautet: „Funktioniert der Pansen, funktioniert auch die Kuh.“
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Und welches ist das Futter nach Werners Wahl? „Ein guter Landwirt achtet bei seinen Kühen darauf, dass sie immer genug Rohfaser, also Gras und Heu, fressen können. Nur so werden die Kautätigkeit und die Speichelbildung angeregt. Beides ist wichtig, damit die Kuh genug Speichel bildet und die im Pansen gebildeten Säuren neutralisiert werden.“ Bekäme eine Kuh ausschließlich fein strukturiertes Futter, wie fein gemahlenes Getreide, würde dies zu einer explosionsartigen Bakterienvermehrung und Säurebildung im Pansen führen. Das Tier würde somit krank. „Die Kraftfuttermast macht Rinder zu Nahrungskonkurrenten des Menschen. Ökosysteme gehen verloren, die Artenvielfalt leidet.“
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Sterben Landwirte aus?
„Das Bauernsterben geht unaufhaltsam weiter“, schrieb die Presse 2014 in einem Bericht. Seit 2013 gaben rund 1.700 Landwirte pro Jahr ihren Betrieb auf. Positiv zu sehen ist jedoch, dass sich der Rückgang der Betriebe in den letzten Jahren vermindert hat. Zwischen 1995 und 2005 haben etwa 5.000 landwirtschaftliche Betriebe pro Jahr ihre Tätigkeit eingestellt. „Landwirtschaft ist sehr wetterabhängig (Ernte, Düngung,…) und die Arbeitszeiten sind schwer planbar. Eine Kuh kalbt auch nicht im Zeitraum der gesetzlich geregelt ist“, weiß der Tiroler Landwirt.
„Die Arbeit mit Tieren muss sieben Tage die Woche und 365 Tage im Jahr verrichtet werden.“ Von einem Landwirte-Sterben möchte er dennoch nicht sprechen: „Es gibt keine Seuche die nur Landwirte sterben lässt. Ich bin selber auch Konsument und als solcher möchte ich hochwertige Lebensmittel. Kein hormonbehandeltes Fleisch oder mit Antibiotikarückständen. Ich möchte auch keine Massentierhaltung.“ Zum Schluss entscheidet als wieder der Konsument – ob Tierwohl und Qualität oder der günstige Preis vorgeht.
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„Als Landwirt in Tirol habe ich sogar ein Privileg! Ich kann in einer intakten Umwelt die Qualität für mich produzieren, die ich haben will.“
Werner Hofer, BIO-Landwirt
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Alle Fotos aus diesem Beitrag stammen von Daniel Traunfellner.