Foodtravel

EINE KULINARISCHE FLEISCHREISE UM DIE WELT

 

Leo Gradls "Beef Table Dance"

 

Gut, Bad Kreuzen ist keine Weltreise, nur etwa 3 Stunden Fahrt von uns entfernt. Aber asiatisches Essen passt einfach nicht zu diesem Blog, daher sind wir lieber auf die Speck-Alm in Bad Kreuzen "gereist". Dort angekommen, läd der Dry-Aging-Profi sowie Grillweltmeister Leo Gradl beim "Beef Table Dance" zu einer kulinarischen Reise um die Welt. Fleisch aus fünf verschiedenen Ländern wurde auf den Grill gelegt, alle hatten einen völlig anderen Geschmack. Ab jetzt heißt es: Achtung Gaumenaquaplaning -Gefahr!

„Ich bin grundsätzlich ein Fan von regionalen Produkten, ich möchte die Landschaftspfleger unterstützen“,

Leo Gradl, Grillweltmeister

Österreich: Die Kalbin vom Nachbarn.

Spanien: Die "alte Kuh".

Urugay: Beiried.

Australien: Beiried.

Argentinien: Beiried.

Die Kalbin war vom Nachbarn, der Familie Schönberger vom Würzenberg.

Österreich gegen den Rest der Welt

Klingt ein wenig brutal, war aber durchaus so: Die Kalbin vom Nachbarn (Fam. Schönberger vom Würzenberg in Bad Kreuzen) trat gegen die Txogitxu, eine selektierte 13 Jahre alte Kuh aus Galizienz' Hochlagen in Spanien, und gegen Beiried aus Australien, Uruguay und Argentinien an. Nun aber ganz zum Anfang. Das Debut gaben Sous-Vide gegarte Ripperl (63-65°C, 1-2 Tage) indirekt gegrillt, die Marinade für diese hält Leo in einer Sprühflasche bereit. „Wenn man die Marinade aus Balsamessig, Whiskey und braunem Zucker mit einem Pinsel auf das Fleisch streicht, kann sie durch Bakterien sauer werden. In einer sterilen Sprühflasche passiert mir das nicht“, lässt der Profi wissen, „Außerdem kann man die Marinade dann für den ganzen Sommer verwenden. Einfach immer gut kühlen und sauber arbeiten.“

[Der Fleischgeschmack] Auf die Wahnsinns-Ripperl folgten Dry-Aged-Beefpralinen vom Zedernbrett. Leo mischt für dieses Rezept das Faschierte von der Dry-Aged-Tomahawkrippe mit seinem Basisgewürz (Erklärung dazu gibt’s später), wickelt die Fleischbällchen in Speck ein und setzt eines nach dem anderen auf ein genässtes Zedernholzbrett. „Wir wollen den Fleischgeschmack ja nur unterstreichen und nicht erschlagen.“ Auf der Holzplanke bekommen die Beefpralinen ein süßliches Raucharoma nach Zedern, diese Note übertönt aber nicht den einzigartigen Geschmack des Fleisches der zweijährigen Kalbin vom Würzenberg.

VEREDELN VERÄNDERT DEN GESCHMACK

Was war Dry-Aging noch einmal?

 

Wer sich jetzt in der Zwischenzeit fragt, was den dieses supercoole und trendige Wort „Dry-Aged“ eigentlich heißt, hier ist die Antwort: Nach der Schlachtung des Tieres wird das Fleisch trocken gereift und hat eine mehrwöchige Lagerungsdauer. Es geht hier also um die Fleischreifung an sich, wenn man von „Dry-Aged“ spricht. In Leos Fall war die Kalbin sechs Wochen lang in seiner Schatzkammer und konnte bei null bis ein Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von achtzig Prozent kontrolliert reifen. So bekommt das Fleisch einen leicht nussigen Geschmack. Beim „Beef Table Dance“ ging es mit einem gefüllten Markknochen vom Grill, mit dem Leo übrigens mit seinem Team „Austria BBQ Crew“ bei der Europameisterschaft 2016 in Bremen die Kategorie Homelandcooking gewonnen hat, und einem angegrillten Carpaccio weiter. Wie der Grillexperte jetzt sagen würde: „Achtung, Gaumenaquaplaning-Gefahr!“

Warum Fett super ist

 

Fett hat nicht den allerbesten Ruf. Vor allem in Diätplänen ist der Geschmacksverstärker oft verpönt und vom Speiseplan gestrichen worden. Fett kann aber viel mehr als nur fett machen. Beim Fleisch dient es zum Beispiel als Wärmeleiter und macht das Bratstück schön saftig. Fakt ist: Desto ausgeprägter die Marmorierung (intramuskuläres Fett) eines Fleisches, desto besser der Geschmack und die Zartheit. Auch beim Grillen gibt es einige Regeln, an die man sich besser halten sollte. „Wenn man das Fett vor dem Grillen herunterschneidet“, erklärt uns Leo, „ist das ein Drama.“ Warum er das sagt? Weil dann das Fleisch schlicht und einfach trocken wird. Der Grill-Weltmeister ölt seinen Steak-Rost entweder mit einer ölgetränkten Zwiebel wenn das Stück wenig Fett hat - oder eben mit der Fettauflage am Steak selbst. Das bringt Aroma und eine bessere Hitzeübertragung. „Und der Rost lässt sich dann später leichter putzen“, lacht Leo. Bevor man das Fleisch dann auf das Steakeisen legt, muss dieses richtig heiß sein. Insidertipp: Wenn der Rost hellgrau wird, hat er die richtige Temperatur. Dann kann‘s auch schon losgehen.

FRAGEN ÜBER FRAGEN

Was macht das perfekte Steak aus?

 

Nein, wir sprechen jetzt nicht von der perfekten Zubereitung. Jetzt geht es um viel Wichtigeres: Die Herkunft. Eigentlich war das ja das Hauptthema des Grillkurses, sich einmal um die Welt zu kosten und seinen Liebling zu finden. Wo gibt es jetzt also das beste Fleisch der Welt?

 

Überall und nirgends, bei qualitativ hochwertigem Fleisch geht es um das Tier. „Ich bin grundsätzlich ein Fan von regionalen Produkten, ich möchte die Landschaftspfleger unterstützen“, beschreibt Leo seine Philosophie. Er selbst verarbeitet auch gerne das ganze Tier, dahinter steckt eine geniale Idee: Der Grill-Profi möchte das Fleisch von Tieren nach seinen Vorstellungen. Die ideale Rasse gefüttert mit hochwertigem Futter, auch diese zwei Aspekte entscheiden über den Geschmack. Dafür muss er dem Landwirt dann aber auch das ganze Rind abnehmen und nicht nur die edelsten Teile. „Der Respekt vor dem Lebensmittel ist das Wichtigste“, sagt Leo. Und die Wertschätzung gegenüber dem Produkt ist eben nur dann gegeben, wenn man mit jedem Teil des Tieres umgehen kann – nicht nur mit dem Filet.

 

Das bringt uns auch gleich zum nächsten Punkt: Wie alt darf das Tier bei der Schlachtung sein? Gegenüber stehen sich die Kalbin – 2 Jahre – und die alte Kuh – 13 Jahre. „Natürlich ist die perfekt marmorierte alte Kuh nicht ganz so zart, sie hat aber einen einzigartigen, buttrigen Geschmack, den Liebhaber sehr schätzen“, weiß der Grillweltmeister. Wir würden übrigens sogar die alte Kuh vorziehen, die hat einfach toll geschmeckt. Auf den Grill kamen dann auch noch Steaks aus Australien, Uruguay und Argentinien – und alle haben gegrillt anders geschmeckt, werden aber identisch mit Leos Basisgewürz zubereitet. „Das braucht nicht viel, dann pfeift‘s scho“, lacht Leo.

LEO UND DAS GRILLEN

Wie lange gehen die beiden schon gemeinsame Wege?

 

 

Vom Haubenkoch zum Grillweltmeister – Leo Gradl war viele Jahre in den Spitzenküchen Tirols tätig und führte selbst eigene Restaurants, wo er dann auch seine Leidenschaft zum Grillen entdeckte. Seit mittlerweile über zehn Jahren arbeitet er mit der Firma Weber zusammen und hält Grillkurse ab, Leos neue Location für die Grillschule im Stillen Tal ist in Bau.

 

Natürlich macht er das nicht alles alleine. Seine rechte Hand und Lebensgefährtin Kerstin kümmert sich darum, dass alles im Hintergrund rund läuft. An dieser Stelle müssen wir ihr echt ein Lob aussprechen, ohne sie wäre Leo wahrscheinlich wesentlich schlechter dran. Und natürlich wollen wir uns auch herzlich bei euch bedanken, dass wir euch auf der Speck-Alm in Bad Kreuzen besuchen durften.

„Beim Grillen ist alles erlaubt, was einem gefällt. Ohne ausprobieren und experimentieren läuft hier gar nichts.“

Leo Gradl, Inhaber Grillschule Leo Gradl

WIE WELTMEISTER WÜRZEN

Die Frage, die nicht nur Profis am Grill beschäftigt: Vorher oder nachher würzen? „Ich bin ein Fan von vorher würzen“, sagt Leo, „Wenn das Fleisch schwitzt, hat es ohnehin mehr Geschmack.“ Normal gibt es auch nicht weniger oder mehr Gewichtsverlust, wenn man vorher die Gewürze zum Fleisch gibt. Mit was genau würzt der Weltmeister aber jetzt? Eigentlich ist das Ganze eine recht simple Sache mit viel Wirkung. Natursalz, Rosmarin, Thymian, Salbei, Pfeffer und Pfefferbeeren reichen für das Basisgewürz. Natürlich kann man diese noch mit anderen Zutaten verfeinern.

Markbein vom Grill (für 4 Personen):

 

1/2 Markbein (der Länge nach geschnitten), 4 EL Schnittlauch, 1 EL Dijon Senf, 3 EL geriebenen Parmesan

 

Das Markbein mit dem Basisgewürz (Rezept dafür gibt's hier) bestreuen und mit Dijonsenf einstreichen. Auf den Senf den Schnittlauch und darüber den Parmesan verteilen. Das Markbein für zirka 15 Minuten über direkter Hitze bei ca. 230 °C grillen. Wenn der Parmesan knusprig wird, das Markbein in die indirekte Zone des Grills schieben.

 

Leos Tipp für eine "leichtere Variante" der Fülle:

Das Mark aus dem Knochen kratzen und klein würfeln. Geröstete Zwiebeln, Senf, Schnittlauch, Parmesan und Weißbrot unter das Mark heben. Die Fülle in den Markknochen füllen und grillen wie oben beschrieben.

 

Optimal ist ein ganzer Markknochen mit Gelenk, das Mark kann nicht ausrinnen, es besteht also keine Fettbrandgefahr und die Optik ist ein Hingucker, so Leo.

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